top of page

Neues Positionspapier mahnt Reformbedarf im Gemeinnützigkeits- und Spendenrecht an

Von Elmar Krüsmann


 
Nico Reis

In dieser Rubrik behandeln unsere Partner von der Kanzlei Winheller aktuelle Rechtsthemen aus dem Bereich Fundraising, Spenden und Stiftung. Heute: Elmar Krüsmann, Rechtsanwalt. Er ist auf die Beratung von Non Profit-Organisationen, Stiftungen sowie vermögenden Privatpersonen spezialisiert.


 

Am 15.01.2024 hatte der Bundesverband Deutscher Stiftungen ein neues, rund 20 Seiten umfassendes Positionspapier veröffentlicht. Darin enthalten sind umfassende Verbesserungsvorschläge in Bezug auf den Rechtsrahmen für NPOs und Engagierte. Das Positionspapier knüpft an den Koalitionsvertrag der Regierung an, indem eine Modernisierung des Gemeinnützigkeitsrechts vereinbart worden ist. An entsprechenden Vorschlägen oder gar einer Umsetzung fehlt es bislang. Womöglich bringt das Positionspapier etwas neuen Schwung in die Thematik. Welche wesentlichen Punkte die Forderungen des Bundesverbandes Deutscher Stiftungen umfassen, ist Gegenstand des nachstehenden Beitrags:


Steuerbegünstigte Zwecke

Gleich vier „Baustellen“ hat der Bundesverband rund um die steuerbegünstigten Zwecke ausgemacht, wie sie derzeit in der Abgabenordnung (AO) geregelt werden. Das Positionspapier enthält insoweit Vorschläge darüber, dass die Förderung des demokratischen Staatswesens auch dann gemeinnützig sein soll, wenn sie außerhalb Deutschlands stattfindet. Momentan hat die Förderung zwingend im Hinblick auf das Inland stattzufinden, was auch in praxi oftmals auf Irritationen stößt.

Des Weiteren soll die Förderung bürgerschaftlichen Engagements ein vollwertiger und eigenständiger gemeinnütziger Zweck werden. Bis dato erkennt die Finanzverwaltung bürgerschaftliche Engagement nur dann als gemeinnützigen Zweck an, wenn das Engagement der Verwirklichung anderer gemeinnütziger Zwecke (z.B. Naturschutz, Bildung, o.ä.) dient.

Auch die Verunsicherung rund um das Thema „politische Betätigung“ gemeinnütziger Körperschaften soll nach dem Willen des Bundesverbandes abgebaut werden. Hier bestehen noch immer Unsicherheiten, inwiefern NPOs politische Meinungen vertreten und nach außen promoten dürfen, ohne dass dies negative Auswirkungen auf ihren Gemeinnützigkeitsstatus hat.

Im Schnittstellenbereich aus Mildtätigkeit und Gemeinnützigkeit, schlägt das Positionspapier Änderungen vor, die es konkret ermöglichen sollen, künftig – neben z.B. Kriegsopfern – auch Katastrophenopfer (z.B. aus der Flut im Ahrtal) einfacher, zu unterstützen.

 


Rechtssicherheit

Zudem hat der Bundesverband eine Reihe von Themen identifiziert, deren Neu- oder Andersregelung de jure zu mehr Rechtssicherheit und de facto zu mehr ehrenamtlichem Engagement führen dürfte.

Wichtigster Punkt dürfte dies bezüglich die Forderung nach einer abgestuften gesetzlichen Sanktionierung für kleinere Verstöße in Bezug auf die Mittelverwendung sein. Bislang sieht der Gesetzeswortlaut hier nur die ultima ratio – die vollständige Aberkennung der Gemeinnützigkeit – als Rechtsfolge vor. Wenngleich es in praxi durchaus Abstufungen hierzu gibt und auch der Bundesfinanzhof derweil klar gestellt hat, dass nicht jeder (noch so kleine) Verstoß, die Aberkennung rechtfertigt, besteht dennoch Unsicherheit und Konfliktpotential. Nicht zuletzt birgt das Thema auch Haftungspotential für Vorstände, Geschäftsführer, usw. – kurzum: eine klare Regelung wäre allseits zu begrüßen.

Damit harmoniert auch der Wunsch des Bundesverbands nach einer expliziten Einführung der Business Judgment Rule in der Abgabenordnung.

Ähnlich wichtig und daher hervorzuheben ist auch die Forderung des Bundesverbands nach einer sog. Umsatzsteueranrufungsauskunft. Hiermit soll künftig im Vorfeld rechtsverbindlich sondiert werden können, wie gewisse wirtschaftliche Aktivitäten einer NPO umsatzsteuerlich richtig zu behandeln sind. Da insbesondere Fehleinschätzungen im Bereich der Umsatzsteuer zu einem der häufigsten und zugleich kostspieligsten Fehler zählen, wäre mehr Rechtssicherheit absolut wünschenswert.

Daneben stehen kleinere Maßnahmenvorschläge, etwa die Überlegung, dass die Mustersatzung für NPOs (Anlage zur AO) nicht mehr wortlautgleich, sondern nun sinngemäß übernommen werden muss. Auch die zeitnahe Mittelverwendung soll eine praktische Anpassung erfahren, sodass in die Grenze von EUR 45.000 p.a. gemäß § 55 Abs. 1 Nr. 5 Satz 4 AO nur Mittelzuflüsse umfasst, die nicht in eine Rücklage gemäß § 62 Abs. 1 AO eingestellt worden sind.


Sonstiges

Darüber hinaus beleuchtet das Positionspapier auch Nischenthemen, wie beispielsweise die Befreiung von der Grunderwerbsteuer im Falle teilentgeltlicher Grundstücksübertragungen (z.B. wegen einer anhaftenden Fremdfinanzierung) an andere Gemeinnützige bzw. zur gemeinnützigen Zwecknutzung.

Zusätzlich sollen grenzüberschreitende Engagements erleichtert werden, ebenso Kooperationen zwischen gemeinnützigen Akteuren und in puncto Hilfsperson. Auch der ganze Regelungsbereich der Zweckbetriebe (§§ 65 ff. AO) hat nach der Vorstellung des Bundesverbands Reformbedarf. Weitere Felder sind das unternehmerische Engagement sowie die Kapitalertragsteuer bei der Anlage von Stiftungsvermögen.


Fazit

Alles in allem ist das Positionspapier samt den darin enthaltenen Vorstößen und (ganz konkreten!) Vorschlägen zu begrüßen. Offen bleibt, ob der Bundesverband damit ausreichend Gehör bei den politischen Entscheidungsträgern findet und diese sich zur Umsetzung, wenigstens einiger Punkte, entschließen können.


 


Stephanie Reuter

Elmar Krüsmann

Rechtsanwalt

Kanzlei WINHELLER

Tags:

bottom of page