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Digitale Ethik – Verantwortungsvoller Umgang mit Technologie

  • jschumacher84
  • vor 1 Tag
  • 4 Min. Lesezeit

Von Jörg Reschke

Nico Reis

In dieser Rubrik erzählt unser Partner Jörg Reschke, bekannt als Digital Fundraising Experte, von Digitalisierung für gemeinnützige Organisationen. Er ist Autor des Buches "Online-Fundraising" und begleitet seit zwei Jahrzehnten Nonprofit-Organisationen bei digitalen Kommunikationsstrategien.




Foto: privat

Digitale Technologien durchdringen längst auch den Stiftungsalltag – von der Kommunikation über Datenverarbeitung bis hin zu Entscheidungsprozessen. Doch mit den Chancen wachsen auch die ethischen Fragen: Wie verantwortungsvoll wird mit Technologie umgegangen? Für Stiftungen mit Gemeinwohlauftrag ist es entscheidend, hier Haltung zu zeigen und klare Leitlinien zu entwickeln.


Was ist digitale Ethik?

Digitale Ethik beschäftigt sich mit der Frage, wie technologische Entwicklungen menschenzentriert, fair und verantwortungsvoll gestaltet werden können. Es geht um Werte wie Transparenz, Gerechtigkeit und Teilhabe – auch im digitalen Raum. Für Stiftungen heißt das: Technik darf nicht nur effizient sein, sondern muss auch mit dem eigenen Wertekern vereinbar sein.

Begriffe wie „digitale Verantwortung“, „Tech for Good“ oder „Ethik by Design“ sind eng mit digitaler Ethik verwandt, setzen jedoch unterschiedliche Schwerpunkte. Während digitale Verantwortung eher auf das bewusste Handeln von Organisationen im digitalen Raum abzielt, beschreibt „Tech for Good“ den gezielten Einsatz von Technologie zum Wohle der Gesellschaft. „Ethik by Design“ meint die Integration ethischer Prinzipien direkt in die Entwicklung von Technologien. Digitale Ethik bildet den übergeordneten Rahmen, der all diese Ansätze verbindet – sie fragt nach dem „Wie“ und „Warum“ digitaler Entwicklungen im Lichte gesellschaftlicher Werte.


Warum Gamification auch im Fundraising funktioniert?

Gamification im Fundraising nutzt die psychologischen Prinzipien der Motivation und Belohnung. Durch spielerische Elemente können emotionale Anreize geschaffen werden, die die Spender:innen zu wiederholtem Engagement anregen. Menschen sind von Natur aus motiviert durch Belohnungssysteme, wie z. B. das Erreichen von Levels oder das Sammeln von Punkten. Diese Motivation kann dazu beitragen, die Verweildauer auf Spendenplattformen zu erhöhen und den Beteiligungsgrad zu steigern.

Besonders für jüngere Zielgruppen, die mit digitalen Spielen aufgewachsen sind, kann Gamification ein effektiver Weg sein, eine tiefere Verbindung zur Organisation und ihrem Anliegen herzustellen. Doch auch ältere Generationen sind nicht immun gegenüber der emotionalen Wirkung spielerischer Elemente – es geht weniger um das „Spiel“ als um das gesteigerte Gefühl der Wirksamkeit und des gemeinsamen Ziels.


Ethische Herausforderungen im digitalen Stiftungsalltag

Im digitalen Alltag ergeben sich zahlreiche ethische Fragestellungen. Der Umgang mit personenbezogenen Daten – etwa von Spender:innen, Ehrenamtlichen oder Veranstaltungsteilnehmenden – erfordert hohe Sensibilität: Wie werden Daten erhoben, gespeichert und genutzt? Werden die Betroffenen ausreichend informiert und einbezogen? Auch der Einsatz von künstlicher Intelligenz oder automatisierten Verfahren, z. B. bei der Auswahl von Förderanträgen oder der Analyse sozialer Wirkungen, wirft Fragen nach Fairness, Nachvollziehbarkeit und menschlicher Kontrolle auf.

Darüber hinaus ist digitale Teilhabe ein zentrales Thema: Wer kann an digitalen Angeboten teilnehmen – und wer bleibt außen vor? Menschen ohne Internetzugang, mit Behinderung oder Sprachbarrieren drohen oft abgehängt zu werden. Ein weiteres Spannungsfeld betrifft die Plattformwahl und Toolnutzung: Viele beliebte Anwendungen stammen von Konzernen mit undurchsichtigen Geschäftsmodellen oder schwachen Datenschutzstandards – passt das zur gemeinwohlorientierten Haltung von Organisationen?

Hinzu kommen Fragen der digitalen Barrierefreiheit, der Cyber-Sicherheit und der verantwortungsvollen Innovationsförderung: Sollen Stiftungen disruptive Tech-Projekte fördern, die vielleicht gesellschaftliche Normen herausfordern? All diese Spannungsfelder zeigen: Digitale Transformation braucht nicht nur technisches Know-how, sondern vor allem ethische Orientierung.


Verantwortung übernehmen: So geht's

Digitale Ethik beginnt nicht bei der Technologie, sondern bei den Menschen, die sie nutzen und gestalten. Für Führungskräfte in Nonprofit-Organisationen bedeutet das: Sie tragen eine besondere Verantwortung, den digitalen Wandel wertebasiert zu steuern. Es geht nicht darum, technische Expert:innen zu werden – sondern darum, bewusst ethische Maßstäbe in die Organisation einzubringen, Orientierung zu geben und eine Kultur der digitalen Verantwortung zu fördern. Die folgenden Ansätze helfen dabei, diesen Weg konkret zu gestalten:

  1. Digitale Ethik zur Chefsache machen

    Ethische Fragen gehören auf die strategische Agenda – nicht nur in IT, Fundraising oder Öffentlichkeitsarbeit. Führungskräfte sollten digitale Verantwortung aktiv ansprechen, fördern und als Teil ihres Führungsverständnisses kommunizieren.

  2. Eigene Werte und Prinzipien schärfen

    Jede Organisation hat einen eigenen Wertekern – dieser sollte auch auf den digitalen Raum übertragen werden. Was bedeutet Gemeinwohlorientierung bei der Nutzung von Daten oder KI? Wie sieht Fairness in digitalen Prozessen aus? Eine schriftlich festgehaltene digitale Ethik-Charta kann hier Klarheit schaffen und dient als Referenzrahmen für Entscheidungen.

  3. Ethische Folgenabschätzung systematisieren

    Vor der Einführung neuer digitaler Tools oder Prozesse lohnt sich ein strukturierter Blick auf mögliche Auswirkungen: Wer profitiert, wer wird ausgeschlossen, wo entstehen Risiken? Einfache Checklisten oder Impact-Assessments unterstützen dabei, frühzeitig ethische Spannungen zu erkennen und gegenzusteuern.

  4. Technologie gezielt und verantwortungsvoll auswählen

    Nicht jedes Tool passt zu jeder Organisation. Führungskräfte können Kriterien entwickeln, um Anbieter:innen gezielt nach Datenschutz, Fairness, Barrierefreiheit und Offenheit auszuwählen – statt sich nur von Funktionalität oder Preis leiten zu lassen.

  5. Als Führungskraft mit gutem Beispiel vorangehen

    Wer glaubwürdig digitale Verantwortung einfordert, sollte sie auch selbst leben. Führungskräfte, die datensparsam arbeiten, transparente Kommunikation vorleben oder kritische Fragen zulassen, senden ein starkes Signal – nach innen wie nach außen.


Digitale Ethik als Chance

Digitale Ethik ist keine Bremse für Innovation – im Gegenteil: Sie schafft die Grundlage für eine nachhaltige, gerechte und gemeinwohlorientierte Digitalisierung. Für Stiftungen eröffnet sie die Chance, technologische Entwicklungen aktiv mitzugestalten und den eigenen Werten auch im digitalen Raum treu zu bleiben.

Wer ethische Fragen ernst nimmt, stärkt das Vertrauen von Spender:innen, Zielgruppen und Gesellschaft – und positioniert sich als glaubwürdige Akteurin im digitalen Wandel. Gerade weil Nonprofit-Organisationen keinen kurzfristigen Profit verfolgen, können sie Vorreiter sein für eine digitale Zukunft, die dem Menschen dient.


Bei inhaltlichen Fragen zu Digitalisierung im Nonprofit-Sektor erreichen Sie Jörg Reschke unter joerg.reschke@capgemini.com.


Stephanie Reuter

Jörg Reschke

Business Analyst und NGO-Experte


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