Von Elmar Krüsmann
In dieser Rubrik behandeln unsere Partner von der Kanzlei Winheller aktuelle Rechtsthemen aus dem Bereich Fundraising, Spenden und Stiftung. Heute: Elmar Krüsmann, Rechtsanwalt. Er ist auf die Beratung von Non Profit-Organisationen, Stiftungen sowie vermögenden Privatpersonen spezialisiert.
Wer sich im Vorstand, Kuratorium, Beirat oder anderweitig als Organ in einer NPO engagiert, sollte sich bestenfalls schon vor Antritt des Amts, Fragen zur eigenen Haftung gestellt haben. Für eine sinnvolle Analyse der persönlichen Haftungsrisiken wird man zwar regelmäßig eine Einzelfallbetrachtung vornehmen müssen, andererseits ermöglicht auch ein Blick auf die gesetzlichen Regelungen zunächst eine erste Einschätzung.
Allgemeines
Bei der Organhaftung haften die Organe bzw. Organmitglieder gegenüber der NPO oder gegenüber Dritten für Schäden, die durch sog. pflichtwidriges Verhalten des Organs bzw. Organmitglieds verursacht wurde. Bei den Schäden kann es sich sowohl um Vermögensschäden als auch um Sach- oder Personenschäden handeln. Die Vielfalt der möglichen Schäden ist dabei ebenso groß, wie bei jedem anderen Unternehmen auch. In Betracht kommen beispielsweise Verletzungen von Personen, Beschädigungen fremder Sachen oder auch Schäden aus Vertragsverletzung. Weiterhin kommt die Haftung für Steuerverbindlichkeiten oder Sozialversicherungsabgaben in Betracht, wenn die betreffenden Organe für deren ordnungsgemäße Entrichtung nach dem Gesetz verantwortlich sind, was geschäftsführende Organe, beispielsweise den Vereinsvorstand, betrifft.
Organe bzw. Organmitglieder haften hierbei grundsätzlich unbeschränkt mit ihrem gesamten Vermögen. Wann genau ein sog. pflichtwidriges Verhalten vorliegt, auf Grundlage dessen es zur Haftung kommt, hängt vom anzulegenden Haftungsmaßstab ab. Hierbei wird im Wesentlichen unterschieden zwischen der einfachen Fahrlässigkeit einerseits, sowie der groben Fahrlässigkeit und dem Vorsatz andererseits.
Bei der weitverbreiteten Annahme, Organe von NPOs würden generell nur bei Vorliegen grober Fahrlässigkeit oder Vorsatz haften, handelt es sich – so pauschal – leider um einen Irrglauben.
Wann gilt welcher Haftungsmaßstab?
Bei öffentlich-rechtlichen Ansprüchen, wie Steuern oder Sozialversicherungsabgaben, gelten gesetzliche Haftungsmaßstäbe. Nach der Abgabenordnung haftet das Organ für Steueransprüche der NPO beispielsweise nur, wenn infolge vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Verletzung der steuerlichen Pflichten, die Steuern nicht oder nicht rechtzeitig festgesetzt oder gezahlt wurden. Einfach ausgedrückt, genügt also eine verspätet abgegebene Steuererklärung im Grundsatz, um vom Fiskus in Anspruch genommen zu werden.
Bei allen übrigen – zivilrechtlichen – Haftungsansprüchen, stellen sich in Bezug auf den einschlägigen Haftungsmaßstab die folgenden Ausgangsfragen:
- Welche Rechtsform hat die NPO?
- Wird die Tätigkeit des Organs vergütet?
- Liegt die Höhe der Vergütung oberhalb der Höhe der sog. Ehrenamtspauschale?
- Gibt es besondere Regelungen in der Satzung?
Handelt es sich bei der NPO um einen eingetragenen Verein oder eine rechtsfähige Stiftung, gilt nach dem Gesetz grundsätzlich die Haftungserleichterung aus § 31a Absatz 1 BGB (für Stiftungen über den Verweis aus § 84a Absatz 3 BGB). Danach haften Organmitglieder dem Verein bzw. der Stiftung gegenüber nur bei Vorliegen grober Fahrlässigkeit oder Vorsatz, wenn sie unentgeltlich tätig sind oder eine Vergütung von maximal 840 Euro pro Jahr (entspricht der sog. Ehrenamtspauschale) erhalten.
Zu beachten ist, dass diese Haftungserleichterung zunächst nur das Innenverhältnis zum Verein (bzw. seinen Mitgliedern) oder zur Stiftung betrifft. Geschädigte Dritte können auch bei Schäden aufgrund einfacher Fahrlässigkeit des Organmitglieds, Schadenersatz von diesem reklamieren. Insoweit bestehen zwar regelmäßig Ausgleichsansprüche des Organmitglieds gegenüber dem Verein bzw. der Stiftung (siehe § 31a Absatz 2 BGB), im ersten Schritt wird jedoch regelmäßig (auch) das Organmitglied vom Dritten in Anspruch genommen.
Wichtig ist es an dieser Stelle zu erwähnen, dass Vereine und Stiftungen durch die Satzung von der gesetzlichen Regelung des § 31a BGB – also zum Nachteil des Organmitglieds – abweichen dürfen. In diesen Fällen genügt einfache Fahrlässigkeit, um eine Haftung im Innenverhältnis zu begründen, ferner existieren dann keine Ausgleichsansprüche bei der Haftungsinanspruchnahme Dritter gegenüber dem Organmitglied. Ferner sollte auf mögliche Regelungen im Arbeitsvertrag des Organs geachtet werden, welcher besondere Schadenersatz- und Regressregelungen im Innenverhältnis zwischen Organ und NPO vorsehen kann.
Sonderfall: Gemeinnützige GmbH und andere Rechtsformen
Besondere Aufmerksamkeit sollte vor allem den übrigen Rechtsformen, abseits des eingetragenen Vereins und der rechtsfähigen Stiftung, geschenkt werden. Bei der weitverbreitete Rechtsform gGmbH sieht das Gesetz beispielsweise gar keine Haftungserleichterung wie bei § 31a BGB vor. Gleiches gilt bei der gUG, der gAG und der Genossenschaft. Das heißt, dass Organe und Organmitglieder hier generell – auch wenn sie nicht vergütet werden – immer einem erhöhten Haftungsrisiko ausgesetzt sind, da regelmäßig einfache Fahrlässigkeit genügt, um Schadenersatzansprüche zu begründen.
Handlungsempfehlungen
Aus den vorstehenden Ausführungen wird deutlich, wie weit die Haftung von Organmitgliedern reichen, bzw. wie früh eine solche beginnen kann. Zur allgemeinen Minimierung organschaftlicher Haftungsrisiken, empfiehlt es risikogeneigte Tätigkeiten in Tochtergesellschaften auszulagern. In Bezug auf NPOs sind beispielsweise umfangreiche oder volatile wirtschaftliche Geschäftsbetriebe oder Zweckbetriebe prädestiniert, entsprechend ausgegliedert zu werden.
Im Übrigen ist es generell sinnvoll, innerhalb mehrköpfiger Organe, eine sog. Ressortverteilung vorzunehmen. Mit der Ressortverteilung werden im Innenverhältnis des Organs Zuständigkeit und Verantwortung für bestimmte Themen (Ressorts) einzelnen Organmitgliedern zugewiesen. Zwar begrenzt dies nicht die Haftung im Außenverhältnis, also gegenüber Dritten, kann jedoch zu Haftungserleichterungen im Innenverhältnis führen.
Bei Rechts- und Steuerthemen sollte stets ein Rechtsanwalt bzw. Steuerberater hinzugezogen werden, um zum einen Fehler zu minimieren und der NPO die Möglichkeit zu geben, beim Berater Regress nehmen zu können. Auch die laufende (Lohn-) Buchhaltung sollte stets nur in kundige Hände gebegeben werden, um diesbezügliche (Wiederholungs-) Fehler zu vermeiden.
Schließlich empfiehlt sich ein ausreichender Versicherungsschutz, d.h. neben dem Abschluss der obligatorischen Versicherungen für die NPO selbst, auch der Abschluss einer sog. D&O-Versicherung (Directors-and-Officers-Versicherung) für die Organmitglieder.
Elmar Krüsmann
Rechtsanwalt
Kanzlei WINHELLER
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