Von Elmar Krüsmann
In dieser Rubrik behandeln unsere Partner von der Kanzlei Winheller aktuelle Rechtsthemen aus dem Bereich Fundraising, Spenden und Stiftung. Elmar Krüsmann ist Rechtsanwalt und auf die Beratung von Nonprofit-Organisationen, Stiftungen sowie vermögenden Privatpersonen spezialisiert.
Im Bereich der Vermögensanlage müssen inzwischen deutlich komplexere Entscheidungen getroffen werden als noch vor einigen Jahren. Einerseits ist die Zahl der Möglichkeiten gestiegen, das Vermögen anzulegen. Andererseits haben im Zuge der Debatten um “ESG” zunehmend Kriterien an Bedeutung gewonnen, die früher weniger, bis gar nicht relevant waren. Schließlich haben Krisen und Kurseinbrüche in den letzten 15 Jahren – jedenfalls gefühlt – an Häufigkeit zugenommen. Im Ergebnis ist festzustellen, dass es wichtiger denn je geworden ist, die Anlage des Vermögens wohlüberlegt vorzunehmen. Dies gilt umso mehr für NPOs und wohl erst recht für die “klassische” gemeinnützige Ewigkeitsstiftung. Bei diesen tritt die Schwierigkeit hinzu, dass sie dazu verpflichtet sind, ihr Vermögen zu erhalten. Gleichzeitig müssen finanzielle Mittel geschaffen und verwendet werden, um die Verwirklichung der Stiftungszwecke zu gewährleisten. Es gilt daher bei möglichst geringem Risiko, eine möglichst hohe Rendite zu erzielen – ein klassischer Zielkonflikt.
Fehlende äußere Vorgaben
Gesetzgeber, Gerichte und Finanzverwaltung halten sich mit (halbwegs) konkreten Vorgaben und Leitlinien in Bezug auf die Vermögensverwaltung leider vollends zurück. So liegt das Risiko stets allein bei der Stiftung beziehungsweise ihren Organen. De facto führt dies dazu, dass alle Investmentoptionen offenstehen, solange es zu keinerlei Verlusten kommt. Bei NPOs gilt hier die Sphärenbetrachtung: es kommt nicht auf Verluste durch Einzeltitel an, vielmehr ist darauf zu achten, dass die Gesamtvermögensanlage nicht zu Verlusten führt. Im Klartext heißt das, dass prinzipiell auch volatilere Anlageinstrumente (zum Beispiel Kryptowährungen) gehandelt werden können. Allerdings sollte auf eine ausreichende Diversifizierung geachtet werden, da die Finanzverwaltung erfahrungsgemäß nur so lange nichts zu beanstanden hat, bis es dann doch einmal zu Verlusten in der Sphäre der Vermögensverwaltung kommt. Im Verlustfall wird dann wiederum schnell auf eine unsachgemäße Geschäftsführung durch die Organe abgestellt, was wiederum Konsequenzen für den Status der Gemeinnützigkeit haben kann. Am besten ist es daher, sich im Vorfeld ausreichend Gedanken darüber zu machen, wie eine ausgewogene Vermögensanlage aussehen kann. In diesem Zusammenhang hilft es auch, Anlagerichtlinien aufzustellen, die zum Beispiel selbstauferlegte Vorgaben bezüglich eines angemessenen Risiko-Mixes, zur Diversifizierung, den Anlageinstrumenten und ggf. weiteren Kriterien enthalten. Auf dieser Basis gelingt typischerweise auch die Vermögensanlage nachhaltig. Nachhaltiges Investieren hört indes nicht bei Nachhaltigkeit im Sinne von Langfristigkeit auf. In den letzten Jahren hat verstärkt das Thema “ESG” Einzug in die Vermögensanlage vieler Stiftungen gehalten.
Nachhaltiges Investieren und ESG
Die ESG-Standards wurden entwickelt, um die Bewertung von Unternehmen bzw. Finanzproduktanbieter hinsichtlich ihrer Nachhaltigkeit zu erleichtern. ESG steht für "Environmental, Social, and Governance". Es handelt sich um Kriterien, nach welchen insbesondere Unternehmen oder Finanzproduktanbieter hinsichtlich der drei Aspekte Umwelt, Soziales und Unternehmensführung bewertet werden können. Die Umweltkriterien konzentrieren sich auf die Auswirkungen eines Unternehmens auf die Umwelt, einschließlich der Reduzierung von Treibhausgasemissionen, dem Schutz natürlicher Ressourcen und der Förderung erneuerbarer Energien. Die sozialen Kriterien bewerten, wie ein Unternehmen mit Mitarbeitern, Kunden, Lieferanten und Gemeinden umgeht, in denen es tätig ist. Dazu gehören Fragen der Menschenrechte, Arbeitsbedingungen und Vielfalt. Die Governance-Kriterien betreffen die Unternehmensführung, einschließlich Fragen der Transparenz, der ethischen Grundsätze und der unabhängigen Überwachung und Kontrolle des Unternehmens.
Vorteile von ESG-Standards im Kontext zur Vermögensanlage
Die ESG-Standards sind für Investoren in zweierlei Hinsicht äußert hilfreich. Zum einen kann eine nachhaltige Anlagestrategie dazu beitragen, das Anlageportfolio gegenüber traditionellen Anlagestrategien zu diversifizieren und das Risiko zu minimieren. Die zusätzlichen Kriterien können Investoren helfen, die Risiken einer Vermögensanlage und damit insbesondere auch das Verhältnis zwischen Risiko und Rendite besser nachzuvollziehen. Analysen der vergangenen Jahre haben bereits bestätigt, dass nachhaltige Investments hinsichtlich der Rendite und es Risikos im Vergleich zu konventionellen Investments überzeugen. Zum anderen können Stiftungen durch die Unterstützung von Unternehmen, die sich positiv auf die Gesellschaft und die Umwelt auswirken, einen positiven Einfluss auf die Allgemeinheit ausüben und gleichzeitig ihr eigenes Anlageportfolio aufwerten. Investoren können dadurch bei der Anlage von Vermögen Werte zu berücksichtigen, für die eigene Institution steht bzw. mit denen die eigene Institution zumindest nicht im Widerspruch steht. Dies ist nicht nur im Hinblick auf die eigenen Werte von Vorteil, sondern auch hinsichtlich der eigenen Außenwirkung. Eine nachhaltige Anlagestrategie kann auch dazu beitragen, den Ruf einer Stiftung zu stärken und das Engagement der Öffentlichkeit und der Spender zu fördern. Debatten in der Öffentlichkeit durch unüberlegte Investitionen, die sich negativ auf das Image der Stiftungen auswirken könnten, können so verhindert werden.
Fazit:
Konkrete Vorgaben für die Verwaltung des Stiftungsvermögens sind rar. Es hat sich indes bewährt, mit selbstauferlegten Vorgaben zu arbeiten (Anlagerichtlinien). Auch ist das Thema ESG klar auf dem Vormarsch. Sogar ungeachtet dessen macht es stets Sinn, darauf zu achten, dass das Investment im Einklang – jedenfalls aber nicht im Widerspruch – mit der Mission, das heißt den Zwecken, der Stiftung steht. Die ESG-Kriterien können bei der Einordnung helfen und somit bieten Stiftungen die Chance Investitionen im Vorhinein noch etwas detaillierter überprüfen und abwägen zu können.
Elmar Krüsmann
Rechtsanwalt
Kanzlei WINHELLER
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