Wer steckt hinter dieser neuen Rubrik und was möchte sie für einen Mehrwert bieten?
Portraits über Menschen im gemeinnützigen Bereich findet man auch an anderer Stelle. Wir erinnern uns zum Beispiel an die „Köpfe“ in der Stiftungsbeilage der Wochenzeitung DIE ZEIT. Mit dieser Rubrik „Mensch des Monats“ möchten wir Menschen hinter einer Führungsposition besser kennenlernen. Dafür hat Dr. Anna Punke-Dresen diese Rubrik ins Leben gerufen.
Anna Punke-Dresen ist selbst seit über 15 Jahren in diversen Funktionen und Kontexten sowohl ehrenamtlich als auch hauptamtlich im gemeinnützigen Sektor unterwegs - unter anderem als stellvertretende Leiterin des Kreises Junge Menschen und Stiftungen, Community Lead für MentorMe, Vorständin von Hamburger mit Herz e.V. und seit 2023 Leitung Fundraising der Abteilung Engagement & Partnerschaften bei der Hamburger Kunsthalle in Doppelspitze.
Schreiben und gemeinnütziges Engagement sind die beiden Pfeiler, die ihren Werdegang prägen.
Mit dieser monatlichen Rubrik möchte sie einige spannende Personen aus ihrem Netzwerk in persönlichen Gesprächen fragen, wie und warum sie sich selbst im gemeinnützigen Bereich engagieren. Welche Ehrenämter werden zusätzlich zum Hauptamt gepflegt? Was treibt sie dazu an? Was bedeutet Engagement für sie und welche Learnings und Botschaften bringt das für sie mit?
Der Mensch des Monats ist Kathrin Succow. Deutschlandweit unterwegs für Stiftungen & Gemeinwohl, Naturschutz & Kulturerbe, Wirtschaft & Zivilgesellschaft, waren ihre beruflichen Stationen bislang: Pressesprecherin, Bankdirektorin, Geschäftsführerin, PR-Verantwortliche, Stiftungsexpertin. Darüberhinaus ist sie Geburtshelferin zahlreicher Stiftungen und Gründerin mehrerer Stiftungsnetzwerke in Ost und West. Seit 25 Jahren engagiert sie sich in der Michael Succow Stiftung, die sie für ihren Vater nach der Verleihung des Alternativen Nobelpreises 1999 errichtet hat. Ferner ist da die Deutsche Naturfilmstiftung und die Stiftung Schlossmuseum Blauer Reiter, für die sich Kathrin engagiert.
Geboren in Mecklenburg-Vorpommern, lebt sie heute am Alpenrand in Murnau am Staffelsee.
Lieber Kathrin Succow, ich möchte in dieser Rubrik jedem*r Interviewpartner*in die gleiche Einstiegsfrage stellen: Wann und wo haben Sie sich zum allerersten Mal ehrenamtlich engagiert? Wie kamen Sie dazu und was war Ihre Motivation dahinter?
Schon während meiner Schulzeit habe ich – damals noch in der einstigen DDR – am Gymnasium einen Bluesclub aufgebaut, was mir viel Ärger mit der Schulleitung und Stasi-Vorsprachen eingebracht hat. Mit Baumpflanzaktionen wollte ich ein Zeichen für mehr Umwelt- und Naturschutz in meiner Heimat setzen.
Sie haben beruflich und ehrenamtlich sehr viele Hüte auf. Was hat Sie 2024 inhaltlich bewegt und was kommt 2025 auf Sie zu?
In 2024 sollten wir alle verstehen lernen, dass es kein „so wie bisher“ gibt. Die Welt ist im Wandel. Unser Land steht am Beginn einer großen Transformation. Globale Krisen, Krieg mitten in Europa. Neue Allianzen, gefährliche Entwicklungen, nicht nur in Deutschland. Von alledem bleibt der Dritte Sektor nicht verschont. Öffentliche Gelder werden weniger, „Verteilungskampf“ die Folge. Eine Herausforderung ist die Besetzung von Gremien, die Generierung von Ehrenamtlichen. Es gilt für uns als Akteure der Zivilgesellschaft, Kooperationen und Nischen zu eruieren, Antworten neu zu denken. Komplexe Herausforderungen verlangen nach neuen Denkweisen. Und das über 2025 hinaus.
Wenn Sie eine Idee umsetzen möchten, wie gehen Sie das an? Was ist Ihr Antrieb?
Ich bin Visionärin, die das Machbare sucht, mit hoher intrinsischer Motivation. Ich muss für eine Sache richtig brennen, dann wird sie gut und ich lasse nicht locker – das habe ich wohl von meinem Vater „geerbt“, der im Naturschutz Großes erreicht hat. Am Anfang einer jeden Idee steht für mich eine saubere Recherche. Dann braucht es einen Plan, Plan A und Plan B, von vornherein best case vs. worst case. Ich bin Teamplayerin, suche Verbündete, begeistere und lobbyiere für mein Projekt. Als gestandene PR-Frau teste ich vorsichtig an und erzeuge zum optimalen Zeitpunkt Öffentlichkeit. Das ist meine Art, neue Wege zu gehen.
Was sind die wichtigsten Learnings in Ihrem beruflichen Schaffen?
Ich stehe für Veränderung, Neuanfang und Mut zur Lücke.
Echte Highlights sind für mich sauber aufgesetzte und erfolgreiche Transformationsprozesse und Relaunches wie Export-Club Bayern oder SuccowStiftung.
Meine Stärke ist ein kreatives Kampaigning - von der Idee zum Plan, vom Konzept in die Öffentlichkeit, wie bspw. Stifterland Bayern, Deutscher Naturfilmpreis, #WIEGEHTNATUR oder jüngst #SoKomS24.
Zudem agiere ich als Netzwerkerin und Brückenbauerin: vom Verbund Deutscher Wirtschaftsclubs über Stifterkreise oder Mäzenatenzirkel von Stiftungen.
Ein Learning ist ganz sicher die Erkenntnis, weder in Bubbles noch in Silos zu denken. Komplexe Herausforderungen brauchen branchenübergreifende Lösungen.
Welche Netzwerke und Kontakte sind für Sie hilfreich, um Ihre Arbeit umsetzen zu können?
Ich bin schon immer passionierte Netzwerkerin, analog wie digital, Face to face wie im Netz. Mein über nunmehr 30 Jahre gewachsenes validierbares Netzwerk ist mein Kapital. Das ist kein Selbstläufer und nicht Gottgegeben. Networking kostet Zeit und Energie, das Richtige im richtigen Moment zu tun oder zu lassen. Es geht immer um Menschen, um Interaktion – und jeder von uns hat seine ganz eigene Komfortzone.
Ich bin gerne Gründerin und Co-Founderin. So ist beispielsweise 2017 die Online-Plattform www.stiftungsmarktplatz.eu als gemeinsame Idee von Tobias Karow, Michael Stingl und mir kreiert worden – mit ihren vielfältigen Formaten heute nicht mehr wegzudenken in der deutschsprachigen Stiftungslandschaft. Das Münchner Stifterinnen Netzwerk oder das Stiftungsnetzwerk Mecklenburg-Vorpommern habe ich vor Jahren gemeinsam mit Partnern ins Leben gerufen.
Und zu guter Letzt: Was bedeutet für Sie Erfolg? Und wie transportieren Sie dies auch im Umgang mit Ihrem Team?
Mein Lebensmotto: zusammen arbeiten, zusammen feiern. Echter Erfolg hat immer viele Mütter und Väter – und dies im schönsten Sinne des Wortes.
Erfolg ist für mich, wenn alle Beteiligten ihren Anteil am Gelingen gewertschätzt sehen können.
Und zum Schluss: Drei Fragen & Antworten
Welches Buch haben Sie bzgl. Ehrenamt oder Engagement gelesen, das Sie nachhaltig beeindruckt hat?
„Unternehmen statt Unterlassen! Von der ungewöhnlichen Rettung eines Traditionsbetriebes“ (Christoph Glaser) und die Doku „Die Unzerbrechlichen“ (Wessely, beide 2006) haben mich nachhaltig beeindruckt. Die Geschichte von Max Hannes, dem letzten Glasbläser von Theresienthal im Bayerischen Wald, eine Doku über deren Rettung nach einer Insolvenz, die Wiederbelebung als gemeinnützige Stiftung, ein großer Verdienst Eberhard von Kuenheims mit seiner Stiftung. Auch so geht Stiftung!
Wenn Sie einen Wunsch für den gemeinnützigen Sektor frei hättest, welcher wäre das?
Ich wünsche mir, dass unsere Branche endlich für die Leistungen gesehen und von der Politik und in der Gesellschaft anerkannt wird, die sie allerorten Tag für Tag seit Jahrzehnten, wenn nicht Jahrhunderten und viel zu oft im Verborgenen erbringt.
Was möchten Sie unseren Leser*innen mit auf den Weg geben? Was ist Ihr Credo?
Die Stiftungsbranche hat für mich auch nach 30 Jahren und meinem Engagement aus sehr verschiedenen Perspektiven bis heute nichts von ihrer Faszination verloren. Ich bin bis heute begeisterte Verfechterin der Stiftungsidee, die es seit einem Jahrtausend in den unterschiedlichsten Formen und Ausprägungen gibt. Wir in unserer Zeit schreiben diese Erfolgsgeschichte fort. Stiftungen sind Sinngeber, Gestalter, Vordenker, Impulsgeber, Möglichmacher, Unterstützer. Stiftungshandeln fördert soziale Gerechtigkeit, sichert Demokratie und schafft Vielfalt.
Kathrin Succow
Vorsitzende des Stiftungsrates
Michael Succow Stiftung
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