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Ilka von Bodungen im Gespräch mit Dr. Anna Punke-Dresen

  • jschumacher84
  • 1. Okt.
  • 5 Min. Lesezeit

Aktualisiert: 22. Okt.

Wer steckt hinter dieser neuen Rubrik und was möchte sie für einen Mehrwert bieten?

Portraits über Menschen im gemeinnützigen Bereich findet man auch an anderer Stelle. Wir erinnern uns zum Beispiel an die „Köpfe“ in der Stiftungsbeilage der Wochenzeitung DIE ZEIT. Mit dieser Rubrik „Mensch des Monats“ möchten wir Menschen hinter einer Führungsposition besser kennenlernen. Dafür hat Dr. Anna Punke-Dresen diese Rubrik ins Leben gerufen.


Anna Punke-Dresen ist selbst seit über 15 Jahren in diversen Funktionen und Kontexten sowohl ehrenamtlich als auch hauptamtlich im gemeinnützigen Sektor unterwegs - unter anderem als stellvertretende Leiterin des Kreises Junge Menschen und Stiftungen, Community Lead für MentorMe, Vorständin von Hamburger mit Herz e.V. und seit 2023 Leitung Fundraising der Abteilung Engagement & Partnerschaften bei der Hamburger Kunsthalle in Doppelspitze.


Schreiben und gemeinnütziges Engagement sind die beiden Pfeiler, die ihren Werdegang prägen.

Mit dieser monatlichen Rubrik möchte sie einige spannende Personen aus ihrem Netzwerk in persönlichen Gesprächen fragen, wie und warum sie sich selbst im gemeinnützigen Bereich engagieren. Welche Ehrenämter werden zusätzlich zum Hauptamt gepflegt? Was treibt sie dazu an? Was bedeutet Engagement für sie und welche Learnings und Botschaften bringt das für sie mit?

Carola von Peinen
Ilka von Bodungen ist die geschäftsführende Vorständin der Hamburgische Kulturstiftung Foto: Oliver Borchert

Ilka von Bodungen hat Literatur- und Politikwissenschaften in Erfurt, Istanbul und Berlin studiert. Ein Volontariat in der Kulturbehörde mit anschließender Tätigkeit als Pressesprecherin führte sie nach Hamburg. Nach mehreren Jahren als Leitung der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit der Festspiele Mecklenburg-Vorpommern in Schwerin kehrte sie 2017 in die

Hansestadt zurück. Dort übernahm sie bei der Hamburgischen Kulturstiftung den Förderbereich Junge Kunst und Kultur, die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit und ab 2018 die stellvertretende Geschäftsführung. Seit dem 14. April 2025 ist sie dort Geschäftsführende Vorständin und in dieser Funktion auch für das Fundraising zuständig. Ilka von Bodungen lebt in Hamburg.

Die Hamburgische Kulturstiftung fördert den künstlerischen Nachwuchs und die Kinder- und Jugendkultur in der Hansestadt.

Liebe Ilka, ich möchte in dieser Rubrik jedem*r Interviewpartner*in die gleiche Einstiegsfrage stellen: Wann und wo hast Du Dich zum allerersten Mal ehrenamtlich engagiert?


Als Kind, Jugendliche und dann wieder im Berufsleben habe ich immer im Chor gesungen und mich da engagiert. Dass ich im gemeinnützigen Kulturbereich arbeite, hat sich dann so ergeben. Klar war mir allerdings schon immer, dass ich hohe Ansprüche an die Sinnhaftigkeit meiner beruflichen Tätigkeit stelle. Vermutlich, weil meine Eltern als Sonder- und Sprachheilschullehrerin und als Meeresbiologe uns das vorgelebt haben.


Vor kurzem hast Du die Geschäftsführung bei der Hamburgischen Kulturstiftung übernommen. Wie hast Du den Wechsel erlebt? Was hat sich für Dich verändert?


Der Übergang von meiner Vorgängerin, die die Stiftung 18 Jahre lang geleitet hat, zu mir verlief ziemlich unaufgeregt. Da ich schon acht Jahre und mit viel Verantwortung in der Stiftung gearbeitet hatte, wusste ich ganz gut, was mich erwartet. Und trotzdem: So richtig erfasst habe ich die neue Rolle erst mit dem Wechsel. Ich finde es faszinierend, wie sich mein Blick auf die Dinge verändert. Ich schaue mir alles noch viel mehr als vorher mit der Bereitschaft an, es neu zu denken. Aber das ist ja auch genau die Chance, die in einem Leitungswechsel liegt. Und das spüre ich nicht nur bei mir, sondern im gesamten Team. Eine große Veränderung ist für mich, dass die Verantwortung für das Fundraising jetzt bei mir liegt.


Welche Themen haben Dich und Dein Team bislang in 2025 beschäftigt und was kommt in diesen turbulenten Zeiten als nächstes auf euch zu?


Ein wichtiges Thema war und ist, wie wir den Generationenwechsel in der Leitung gestalten. Zum einen intern, was unsere Strukturen und Arbeitsprozesse betrifft. Und zum anderen extern mit den Fragen: Wie können wir aktuell Fördernde weiter an uns binden und wie gewinnen wir neue? Wie bekommen wir auch auf der Fördererseite einen Generationenwechsel hin, ohne bestehende Kontakte zu verlieren? Wie sieht zeitgemäßes und zukunftsorientiertes Fundraising aus – von der Ansprache bis zur (digitalen) Umsetzung des Spendenprozesses. Wobei mir bei aller Systematisierung und Digitalisierung ganz wichtig ist, dass wir den persönlichen Kontakt mit den Menschen nicht verlieren, im Gespräch bleiben und Raum für Begegnung und Austausch bieten. Das ist ein ganz wichtiger Teil unserer Arbeit, den wir eher noch ausbauen wollen. Darüber hinaus gibt es Bereiche, wie z. B. Testamentsspenden, deren Potential wir noch nicht ausschöpfen. Das alles sind Themen, die uns auch noch ins nächste Jahr hinein beschäftigen werden. Auf der fördernden Seite denken wir stetig darüber nach, was die von uns geförderten Künstler*innen und Projekte für optimale Arbeitsbedingungen brauchen, wie wir sie bestmöglich unterstützen und was wir – als Spenden sammelnde Stiftung mit volatilem Einkommen – leisten können.


Welche großen Aufgaben im Fundraising habt ihr zurzeit?

 

Den bundesweiten Kürzungstrend beobachten wir mit Sorge. Denn auch wenn es Hamburg momentan nicht betrifft und wir hier mit dem Kultursenator einen sehr überzeugenden Anwalt der Kultur haben, sehe ich die Gefahr eines generellen Bedeutungsverlustes. Als wie wichtig Kultur bei akuten Notsituationen wahrgenommen wird, konnten wir in den letzten Jahren erfreulicherweise bei der Mittelakquise feststellen. Neben unserer kontinuierlichen Förderarbeit waren wir viel damit beschäftigt, auf aktuelle Krisen zu und dadurch entstehende Bedarfe zu reagieren. 2015 gründeten wir mit FREIRÄUME! eine bis heute laufende Förderung für Kulturprojekte, die Kindern und Jugendlichen mit Fluchterfahrung Anschluss und sichere Räume bieten. 2020 haben wir in Windeseile einen Corona-Hilfsfonds für freischaffende Künstler*innen auf die Beine gestellt, dem zwei weitere Corona-Programme folgten. Kurz nach Ausbruch des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine haben wir ein Programm ins Leben gerufen, das hier schutzsuchende Kulturschaffende mit der Hamburger Kulturszene verbindet. Die Spendenakquise für diese Programme war sehr erfolgreich, weil solche Krisen die Menschen natürlich besonders berühren. Nun geht es darum, wieder verstärkt die Bedeutung unseres Kerngeschäfts – der Förderung von jungen Künstler*innen und der Kinder- und Jugendkultur – in den Vordergrund zu rücken. Denn ich bin fest davon überzeugt, dass wir die Kultur in Zeiten rasanter Umbrüche und Polykrisen mehr denn je brauchen.


Wie wichtig sind für Dich Kooperationen und Netzwerke?


Aufgrund ihres geringen Kapitals war die Hamburgische Kulturstiftung zur

Verwirklichung ihres Stiftungszwecks schon immer auf Spenden angewiesen. Daher

setzen wir von jeher auf starke Partner. Gemeinsam mit privaten Förderinnen und

Förderern, Stiftungen und Unternehmen setzen wir uns für ein kulturell lebendiges

Hamburg ein. Die oben genannten Programme wären anders gar nicht möglich

gewesen. Da waren von Anfang an weitere Stiftungen im Boot. Den Stiftungssektor

in Hamburg erlebe ich als sehr kooperativ und lösungsorientiert. Über die finanzielle

Unterstützung hinaus ist für uns der Austausch unheimlich wertvoll. Und auch

persönlich setze ich auf offenen Austausch und kollegiale Beratung vor allem in

kleineren Netzwerken – sei es zur Kulturförderung, Fundraising oder auch

Führungsthemen.


Was wünschst Du Dir aktuell für die Kulturlandschaft in Hamburg?


Ich würde mir wünschen, dass Kultur in ihrer ganzen Vielfalt als noch

selbstverständlicher wahrgenommen wird und dass es dafür mehr Raum gibt. Auch

im sprichwörtlichen Sinne: Der Mangel an erschwinglichen Arbeits- und

Proberäumen führt nach wie vor dazu, dass junge Künstler*innen abwandern.

Und zum Schluss: Drei Fragen & Antworten

Welches Buch hast Du zum Thema Ehrenamt oder Engagement gelesen, das Dich nachhaltig beeindruckt hat?

Meine Fundraisingbibliothek ist definitiv ausbaufähig. Angefangen habe ich mit dem Buch »Die Kunst des Bittens« von Sabine Hess und ich freue mich über weitere Tipps.

 

Wenn Sie einen Wunsch für den gemeinnützigen Sektor frei hätten, welcher wäre das?

Dass sich alle Seiten auf Augenhöhe begegnen! Ohne die Kulturschaffenden und

ihre Ideen könnten wir zum Beispiel unseren Stiftungszweck gar nicht erfüllen. Aber

ich habe den Eindruck, dass sich in den letzten Jahren schon viel getan hat.

 

Was möchten Sie unseren Leser*innen mit auf den Weg geben? Was ist Ihr Credo?

Ich würde mir oft ein bisschen mehr Gelassenheit wünschen und eine ausgeprägtere

Fähigkeit Widersprüche auszuhalten. Auch dabei kann Kunst helfen… im Sinne von

Albert Camus: »Wenn die Welt klar wäre, gäbe es keine Kunst«

Carola von Peinen

Ilka von Bodungen

geschäftsführende Vorständin

Hamburgische Kulturstiftung

Foto: ©Peter Hönnemann

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