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Dr. Martin Buchholz im Gespräch mit Dr. Anna Punke-Dresen

Wer steckt hinter dieser neuen Rubrik und was möchte sie für einen Mehrwert bieten?

Portraits über Menschen im gemeinnützigen Bereich findet man auch an anderer Stelle. Wir erinnern uns zum Beispiel an die „Köpfe“ in der Stiftungsbeilage der Wochenzeitung DIE ZEIT. Mit dieser Rubrik „Mensch des Monats“ möchten wir Menschen hinter einer Führungsposition besser kennenlernen. Dafür hat Dr. Anna Punke-Dresen diese Rubrik ins Leben gerufen.


Anna Punke-Dresen ist selbst seit über 15 Jahren in diversen Funktionen und Kontexten sowohl ehrenamtlich als auch hauptamtlich im gemeinnützigen Sektor unterwegs - unter anderem als stellvertretende Leiterin des Kreises Junge Menschen und Stiftungen, Community Lead für MentorMe, Vorständin von Hamburger mit Herz e.V. und seit 2023 Leitung Fundraising der Abteilung Engagement & Partnerschaften bei der Hamburger Kunsthalle in Doppelspitze.


Schreiben und gemeinnütziges Engagement sind die beiden Pfeiler, die ihren Werdegang prägen.

Mit dieser monatlichen Rubrik möchte sie einige spannende Personen aus ihrem Netzwerk in persönlichen Gesprächen fragen, wie und warum sie sich selbst im gemeinnützigen Bereich engagieren. Welche Ehrenämter werden zusätzlich zum Hauptamt gepflegt? Was treibt sie dazu an? Was bedeutet Engagement für sie und welche Learnings und Botschaften bringt das für sie mit?

 
Carola von Peinen

Dr. med. Martin Buchholz führte bis 2017 die Orthopädische Praxisgemeinschaft Dr. Buchholz und Partner in Hamburg. 2015 überlebte er einen Herzinfarkt und gründete 2016 den gemeinnützigen Verein „Herzretter e.V.“, der es sich zum Ziel gesetzt hat, ein Bewusstsein in der Gesellschaft für das Thema plötzlicher Herztod zu schaffen und Reanimations-Trainings anbietet. 2018 erfolgte die Gründung der HerzretterTrainings GmbH als Non-Profit-Organisation und 2023 der Projektstart der HerzretterStadt Hamburg als bundesweites Leuchtturmprojekt.

 

Lieber Herr Dr. Buchholz, ich möchte in dieser Rubrik jedem*r Interviewpartner*in die gleiche Einstiegsfrage stellen: Wann und wo haben Sie sich zum allerersten Mal ehrenamtlich engagiert? Wie kamen Sie dazu und was war Ihre Motivation dahinter?


Schon als Schüler habe ich 1966 als Vorstand unseren Schülerruderverein geleitet, Regatten und andere Veranstaltungen mit dem Verein organisiert und Gelder organisiert, um unseren Bootspark zu erweitern.

Ab 1979 habe ich mich bei Amnesty International gegen die Apartheid Politik in Südafrika engagiert. Wir haben Petitionen zugunsten Nelson und Winnie Mandela sowie der Familie von Walter Sisulu organisiert und für diese persönliche Hilfsaktionen in Südafrika umgesetzt. 

 

Sie haben 2018 die Herzretter-Trainings GmbH und den Verein Herzretter e.V. gegründet, um „Kindern und Jugendlichen ebenso wie Erwachsenen das Thema der Laienreanimation näherzubringen“. Wie kam es dazu und wie ist es Ihnen gelungen, so stark zu wachsen?


Nach meinem Herzinfarkt im Jahr 2015 habe ich bei Gesprächen mit Freunden und Bekannten erfahren, dass nur wenige Menschen – damals waren es bundesweit lediglich 18 Prozent der Bevölkerung – das Wissen und den Mut hätten, reflexartig sofort zu helfen. Nach der Gründung der Herzretter haben uns großzügige Spenden von Hamburger Stiftungen und die Förderung durch Hamburger Unternehmen geholfen, mit der Ausbildung von Schauspieler:innen als HerzretterTrainer zu beginnen. Diese haben dann zahlreiche Trainings an Hamburger Schulen kostenfrei durchgeführt. Durch den niedrigschwelligen und kostenfreien Zugang zu diesen Trainings sowie einer gemeinsamen Aufklärungskampagne mit dem Landesinstitut für Lehrerbildung und Schulentwicklung der Hamburger Schulbehörde war die Nachfrage seitens der Schulen sehr groß.

Parallel dazu haben wir über die HerzretterTrainings GmbH bundesweit HerzretterTrainings für Unternehmen angeboten, um mit dem Gewinn einen Teil der Verwaltungskosten der Schülertrainings zumindest teilweise zu stemmen.

 

Was haben Sie seit der Gründung geschafft, was würden Sie gerne in den nächsten fünf Jahren erreichen?


Wir haben mehr als 70.000 Schülerinnen und Schüler in Hamburg und mehr als 12.000 Erwachsene bundesweit trainiert. Seit November 2023 ist Hamburg unter der Schirmherrschaft des Ersten Bürgermeisters erste HerzretterStadt in Deutschland.

 

Unser Ziel ist es, dass die Maßnahmen der Wiederbelebung durch Laien als eigenständiger Bereich der Ersten Hilfe gesetzlich anerkannt und in das aktuell vorbereitete bundesweit geltende „Gesunde-Herz-Gesetz“ aufgenommen werden. Damit wäre die gesetzliche und wirtschaftliche Grundlage schaffen, dass spätestens in fünf Jahren jede Schülerin und jeder Schüler mindestens dreimal im Laufe der Schullaufbahn ein HerzretterTraining erhält. So kann „Leben retten“ zur Lebenskompetenz jedes Menschen werden und jährlich somit 10.000 Menschenleben mehr in Deutschland gerettet werden.


Was ist das Erfolgsrezept, welche entscheidenden Säulen gibt es für die Teamkultur?


Eine gewisse Beharrlichkeit und große Frustrationstoleranz insbesondere auf der Führungsebene sind notwendig.

Die konstruktive und kritische Zusammenarbeit zwischen dem hauptamtlichen Team in der Geschäftsstelle und dem ehrenamtlichen Vorstand sorgt für tolle Synergieeffekte. Die Hierarchien bei uns sind flach und jeder hat die Möglichkeit Ideen einzubringen und gehört zu werden. Nicht zuletzt brennt hier jeder für das Thema. Ein Arbeitsplatz mit Purpose!

  

Welche Netzwerke bereichern Sie bis heute? Wie erreichen Sie Verbündete und Menschen, die Ihre Arbeit unterstützen möchten?


Wir bereiten gerade eine Kooperationsvereinbarung mit der Hamburger Schulbehörde und der Sozialbehörde vor.

Außerdem engagieren wir uns im Nationalen Aktionsbündnis Wiederbelebung der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, als Mitglied im Deutschen Rat für Wiederbelebung und sind vertreten bei den jährlich stattfindenden Bad Boller Reanimationsgesprächen.


Was kann der gemeinnützige Sektor dahingehend lernen?


Klare Zieldefinitionen, frühzeitige strategische Planungen, Leidensfähigkeit sowie Beharrlichkeit sind die wesentlichen Zutaten für eine erfolgreiche gemeinnützige Tätigkeit.

Ein stabiles Netzwerk und Kontakte in die regionale Politik sind unterstützend ebenfalls sehr wichtig. Man muss die Extrameile gehen. Das geht nur, wenn man wirklich mit Herzblut hinter der Sache steht. 

 

Und zum Schluss: Drei Antworten in je einem Satz!


Welches Buch haben Sie bzgl. Ehrenamt oder Engagement gelesen, das Sie nachhaltig beeindruckt hat?

Andreas Schiemenz – Fundraising aus Überzeugung

 

Wenn Sie einen Wunsch für den gemeinnützigen Sektor frei hätten, welcher wäre das?

Förderung gemeinnützigen Engagements sollte mit möglichst geringem administrativen Aufwand einhergehen.


Was möchten Sie unseren Leser*innen mit auf den Weg geben? Was ist Ihr Credo?

Laienreanimation kann nicht allein im ehrenamtlichen Bereich angesiedelt sein: Es muss gesetzlich geregelt und finanziert werden und für jedermann zugänglich und verpflichtend sein.

 
Carola von Peinen

Dr. Martin Buchholz

Gründer

Herzretter e.V.

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