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Carola von Peinen im Gespräch mit Dr. Anna Punke-Dresen

Wer steckt hinter dieser neuen Rubrik und was möchte sie für einen Mehrwert bieten?

Portraits über Menschen im gemeinnützigen Bereich findet man auch an anderer Stelle. Wir erinnern uns zum Beispiel an die „Köpfe“ in der Stiftungsbeilage der Wochenzeitung DIE ZEIT. Mit dieser Rubrik „Mensch des Monats“ möchten wir Menschen hinter einer Führungsposition besser kennenlernen. Dafür hat Dr. Anna Punke-Dresen diese Rubrik ins Leben gerufen.


Anna Punke-Dresen ist selbst seit über 15 Jahren in diversen Funktionen und Kontexten sowohl ehrenamtlich als auch hauptamtlich im gemeinnützigen Sektor unterwegs - unter anderem als stellvertretende Leiterin des Kreises Junge Menschen und Stiftungen, Community Lead für MentorMe, Vorständin von Hamburger mit Herz e.V. und aktuell als Leitung Fundraising der Stiftung Deutsch-Russischer Jugendaustausch.


Schreiben und gemeinnütziges Engagement sind die beiden Pfeiler, die ihren Werdegang prägen.

Mit dieser monatlichen Rubrik möchte sie einige spannende Personen aus ihrem Netzwerk in persönlichen Gesprächen fragen, wie und warum sie sich selbst im gemeinnützigen Bereich engagieren. Welche Ehrenämter werden zusätzlich zum Hauptamt gepflegt? Was treibt sie dazu an? Was bedeutet Engagement für sie und welche Learnings und Botschaften bringt das für sie mit?

 
Carola von Peinen

Carola von Peinen ist Geschäftsführerin von Talents4Good, einer Personal­agentur für Jobs im Bereich gemeinnütziger Organisiationen, Fundraising und sozialem Engagement.





 

Liebe Carola, ich möchte in dieser Rubrik jedem*r Interviewpartner*in die gleiche Einstiegsfrage stellen: Wann und wo hast Du Dich zum allerersten Mal ehrenamtlich engagiert? Wie kamst Du dazu und was war Deine Motivation dahinter?


Liebe Anna, erstmal vielen Dank für die Einladung zum Gespräch – eine tolle Rubrik, die Du da aufgebaut hast – ich freue mich sehr dabei zu sein!

Mein erstes Engagement war als Jugendleiterin einer Jugendgruppe in meinem Heimatort am Stadtrand von München. Zunächst mal waren da einfach alle meine Freund*innen. Später habe ich gemerkt, dass ich so gerne da war, weil es ein Ort war, an dem Menschen akzeptiert wurden, auch wenn sie nicht „cool“ waren. Darum bin ich geblieben und habe mich eingebracht, ehrlicherweise ohne viel darüber nachzudenken.


In welchen Bereichen engagierst Du Dich heute ehrenamtlich?


Seit der Gründung von Talents4Good im Jahr 2012 liegt der Fokus meiner ehrenamtlichen Tätigkeit auf meinem Herzensthema „Wirtschaft nachhaltig gestalten“. Schon während meines Tourismus-Studiums hatte ich das Gefühl, dass Wirtschaft mehr sein kann als ein System, das zur Profitmaximierung einzelner beiträgt. Ich schrieb eine Diplomarbeit zum Thema Nachhaltigkeit im Tourismus und lernte beim Berufseinstieg bei der Firma Randstad, dass man sogar in einem stark umstrittenen Bereich wie der Zeitarbeit fair agieren und trotzdem profitabel sein kann. Als wir Talents4Good 2012 gegründet hatten, machten wir kurze Zeit später unsere eigene Gemeinwohlbilanz, weil ich verstehen wollte, wo unsere Spielräume im Dreiklang der Nachhaltigkeit (Ökologie, Ökonomie, Soziales) wirklich liegen.


"Eines der Visionsziele von Talents4Good ist es, diejenigen Organisationen und Unternehmen zu stärken, die die Welt und unsere Wirtschaft nachhaltiger machen."

2017 wurde ich Teil des Vorstandes von UnternehmensGrün e.V.– ein Verband nachhaltiger Unternehmer*innen. Bis dahin fand ich Politik nicht besonders attraktiv. Aber als Unternehmerin Impulse zu setzen, das klang spannend. Inzwischen heißt der Verband „Bundesverband Nachhaltige Wirtschaft e.V“. und ich bin immer noch dabei. Mir ist es wichtig meine Zeit dort einzusetzen, wo ich das Gefühl habe, mit meinen Kompetenzen wirklich was bewegen zu können.

2021 habe ich mich dann bei der IHK München und Oberbayern für die Wahl der Vollversammlung aufstellen lassen. Die Vollversammlung der IHKen ist das Unternehmer*innenparlament, das u.a. Stellungnahmen für die Politik erarbeitet und damit versucht, die Stimme der Wirtschaft bestmöglich zu repräsentieren. Viele sozial-ökologisch agierende Unternehmer*innen fühlten sich hier bisher nicht vertreten. Wir traten als Team zu dieser Wahl an und ich wurde zusätzlich ins 13-köpfige Präsidium gewählt, weil das Thema Nachhaltigkeit offensichtlich wichtig war.

Hier bringe ich jetzt unser Perspektive von Wirtschaften in die Diskussionen ein. Aus meiner Sicht eine wichtige Ergänzung zu meinem anderen Mandat.


„Denn nur wenn wir aus unserer „Bubble“ heraustreten und gemeinsam nach Lösungen suchen, werden wir die großen Themen wie die Transformation der Wirtschaft, den Klimawandel, die Chancen und Risiken der Digitalisierung und den globalen Frieden meistern.“

Was waren die Beweggründe für Dich, 2012 zusammen mit drei anderen Gründer*innen Talents4Good zu gründen? Was war Eure Vision?


Wir wollten einerseits Menschen die Möglichkeit geben, mit einem für sie sinnvollen Job ihren Lebensunterhalt zu bestreiten. Andererseits wollten wir die Organisationen und Unternehmen, die sich für eine menschen- und planetenfreundlichere Welt und Wirtschaft einsetzen, stärken. Dafür wollten wir Ansprechpartner*innen sein und eine Plattform schaffen.

Außerdem wollten wir zeigen, dass Arbeit ein Ort der Entfaltung und Menschlichkeit sein kann, an dem wir gleichzeitig eine Menge Spaß haben und zur Lösung von relevanten Problemen beitragen. Als Organisation, die von zwei Frauen gegründet wurde, waren uns natürlich auch die Vereinbarkeit von Familie, Freizeit und Beruf wichtig sowie die Förderung von Frauen.


Was bedeutet Personalvermittlung für Dich? Wie hast Du vor zehn Jahren darauf geschaut und was hat sich inzwischen verändert?


Als ich vor 10 Jahren die klassische Wirtschaft verlassen habe und in unseren Sektor gekommen bin, war das Thema Personalvermittlung ungefähr auf dem Stand wie um die 2000er Jahre in der klassischen Wirtschaft. Die Frage, ob man wirklich eine Beratung benötigt, um gutes Personal zu rekrutieren, war omnipräsent.

Inzwischen haben viele verstanden, dass es sich lohnt, komplizierte oder wichtige Positionen mit professioneller Unterstützung zu besetzen. Dass Expertise, unser Blick von außen, aber auch das Aufdecken von ganz anderen Themen die erfolgreiche Besetzung einer Stelle erhöhen.


Und wir haben gelernt, dass dies häufig strukturelle Themen wie Führung, Organisationsstruktur oder mangelnde Konfliktkultur sind, die eine Stellenbesetzung erfolgreich machen oder eben nicht. Daher bieten wir jetzt gemeinsam mit Partner*innen auch hier Beratung an, denn unser Ziel ist es nach wie vor, die Organisationen zu stärken für die Zukunft.


„Damit wir selbst zukunftsfähig bleiben, beschäftigen wir uns jetzt schon damit, wie Personalvermittlung in zehn Jahren aussehen wird. Welche Rolle spielt die Technik, wie viel Menschlichkeit wird gefragt sein? Wie passt das zu unseren Werten und wie müssen Organisationen aufgestellt sein, um im zunehmenden Fachkräftemangel weiterhin die besten Menschen für die wichtigsten Jobs zu finden?“

Inzwischen bietet ihr auch viel zum Thema Personalentwicklung an, ihr habt einen Inspiring Lunch etabliert. Was wünschst Du Dir noch für weitere Veränderungsprozesse für die Arbeitswelt dahingehend?


Ich glaube, wir benötigen eine Debatte über Führung. Viele verbinden damit Macht und Unterdrückung. Nur, in den nächsten Jahren werden wir sehr viel Führung benötigen. Führung, die zu unseren Werten passt, die nicht unterjocht, sondern empowert, die nicht bei einer Person liegt, sondern bei allen.


Hier liegt auch eine große Verantwortung unseres Sektors. Wir merken, dass wir in einer Zeitenwende leben, alte Paradigmen bröckeln und das Neue noch nicht greifbar ist. Die Zivilgesellschaft hat bereits viele Antworten und Erfahrungen. Ich würde mir ein selbstbewusstes Vorangehen des Sektors wünschen. Weil wir eine Idee davon haben, wohin die Reise gehen könnte.


Ein anderer Aspekt von moderner Führung ist die Akzeptanz der Schwäche – ich glaube, wenn wir eine Arbeitswelt schaffen, in der Menschen Menschen sein dürfen mit all ihren Unzulänglichkeiten, Ecken und Kanten, dann entsteht dort eine ungeahnte Kraft. Eine Kraft, die uns eine innere Stabilität gibt für die nächsten Jahre, die stark von Veränderung, Verunsicherung und Unklarheit geprägt sein werden. Wenn wir uns nicht mehr an äußeren Strukturen festhalten können, dann müssen wir innerlich stark und geerdet sein. Dafür müssen wir mutig sein und unsere Glaubenssätze in Frage stellen.

 

Und zum Schluss – 2 Fragen in je einem Satz:


Welches Buch hast Du bzgl. Ehrenamt/Engagement oder auch den Feldern, in denen Du Dich engagierst, gelesen, das Dich nachhaltig beeindruckt hat?

Frederic Laloux – Reinventing Organisations


Wenn Du einen Wunsch für den gemeinnützigen Sektor frei hättest, welcher wäre das?

Dass die Wohlfahrt den historischen Moment der Corona-Pandemie nutzt und sich geschlossen für bessere Arbeitsbedingungen in Erziehung und Gesundheit einsetzt. Und damit meine ich nicht moderate Gehaltserhöhungen, sondern eine Debatte um den Beitrag, den diese Menschen jeden Tag leisten. Unser gesamter Wohlstand basiert auf diesem System, weil wir wissen, dass wir uns darauf verlassen können, dass Menschen sich um Menschen kümmern, wenn wir das brauchen.

Ich wünsche mir, dass die großen Wohlfahrtsorganisationen gemeinsam dieses Thema in die Diskussion bringen und dafür sorgen, dass Menschen, die sich für unsere Versorgung 24/7 einsetzen, eine attraktive Bezahlung, aber noch viel wichtiger attraktive Arbeitsbedingungen mit Zeit für Menschlichkeit bekommen, gute Weiterentwicklungsmöglichkeiten haben und vor allem: höchstes Ansehen genießen.

Eltern sollten in Zukunft stolz darauf sein, wenn ihre Kinder sich für eine Tätigkeit in diesem Bereich entscheiden.

 
Carola von Peinen

Carola von Peinen

Geschäftsführerin

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