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Andrea Johanides im Gespräch mit Dr. Anna Punke-Dresen

Wer steckt hinter dieser neuen Rubrik und was möchte sie für einen Mehrwert bieten?

Portraits über Menschen im gemeinnützigen Bereich findet man auch an anderer Stelle. Wir erinnern uns zum Beispiel an die „Köpfe“ in der Stiftungsbeilage der Wochenzeitung DIE ZEIT. Mit dieser Rubrik „Mensch des Monats“ möchten wir Menschen hinter einer Führungsposition besser kennenlernen. Dafür hat Dr. Anna Punke-Dresen diese Rubrik ins Leben gerufen.


Anna Punke-Dresen ist selbst seit über 15 Jahren in diversen Funktionen und Kontexten sowohl ehrenamtlich als auch hauptamtlich im gemeinnützigen Sektor unterwegs - unter anderem als stellvertretende Leiterin des Kreises Junge Menschen und Stiftungen, Community Lead für MentorMe, Vorständin von Hamburger mit Herz e.V. und seit 2023 Leitung Fundraising der Abteilung Engagement & Partnerschaften bei der Hamburger Kunsthalle in Doppelspitze.


Schreiben und gemeinnütziges Engagement sind die beiden Pfeiler, die ihren Werdegang prägen.

Mit dieser monatlichen Rubrik möchte sie einige spannende Personen aus ihrem Netzwerk in persönlichen Gesprächen fragen, wie und warum sie sich selbst im gemeinnützigen Bereich engagieren. Welche Ehrenämter werden zusätzlich zum Hauptamt gepflegt? Was treibt sie dazu an? Was bedeutet Engagement für sie und welche Learnings und Botschaften bringt das für sie mit?

 
Carola von Peinen
Andrea Johanides ist auch die Vorstands-Vorsitzende im Fundraising Verband Austria (FVA). Foto: Pamela Rußmann

Der Mensch des Monats ist Andrea Johanides, sie ist seit Juli 2013 Geschäftsführerin des WWF Österreich. Die gebürtige Wienerin arbeitet seit fast 20 Jahren für Österreichs größte Naturschutzorganisation und hatte dort vor der Übernahme der Geschäftsführung auch schon die stellvertretende Geschäftsführung und die Abteilungsleitung Finanzen/Administration inne. Bevor die gelernte Controllerin in den Non-Profit-Bereich gewechselt ist, arbeitete sie in mehreren Unternehmen. Ehrenamtlich ist Johanides für den WWF noch in weiteren Vereinen tätig, konkret als Vorstands-Vorsitzende im Fundraising Verband Austria (FVA), Vorstandsmitglied der ORF-Initiative „Mutter Erde“ sowie Vorstandsmitglied beim WWF CEE für Zentral- und Osteuropa.

 

Lieber Andrea Johanides, ich möchte in dieser Rubrik jedem*r Interviewpartner*in die gleiche Einstiegsfrage stellen: Wann und wo hast Du Dich zum allerersten Mal ehrenamtlich engagiert? Wie kamst Du dazu und was war Deine Motivation dahinter?


Ich wurde in Wien als Kind von Flüchtlingseltern aus der damaligen Tschechoslowakei geboren und bin ursprünglich in sehr bescheidenen Verhältnissen aufgewachsen. Nach der Matura wollte ich daher möglichst rasch mein eigenes Geld verdienen und habe direkt bei einem Unternehmen im Controlling begonnen. Nach einigen Jahren in der Privatwirtschaft habe ich dann gemerkt, dass ich mich weiterentwickeln und lieber im gemeinnützigen Bereich arbeiten möchte – und hier vor allem für den Schutz unserer Natur und der bedrohten Arten. Dafür war der WWF gleich meine erste Wahl.

  

Was hat Dich zum WWF Österreich gebracht? Wie lange bist Du schon dort? Wie ist Dein Werdegang?


Ich habe mich 2005 für die freie Stelle der Finanzleitung beworben und mich irrsinnig über die Zusage gefreut. Natürlich war es zu Beginn ein Umstieg, aber ich konnte dort mein Finanzwissen einbringen, viele Abläufe professionalisieren und damit auch direkt die Naturschutzarbeit unterstützen. Der WWF ist bis heute zu einem großen Teil spendenfinanziert und hat daher eine besondere Verantwortung. Es ist mir ein persönliches Anliegen, das Vertrauen der Menschen als etwas Besonderes wertzuschätzen und sehr verantwortungsvoll damit umzugehen. Im Jahr 2013 durfte ich die Geschäftsführung übernehmen und mache das mittlerweile auch schon über elf Jahre. Für mich ist es nach wie vor die sinnvollste Aufgabe, die ich mir beruflich vorstellen kann.

 

Welche Themen haben Dich und Dein Team 2024 beschäftigt und was kommt 2025 auf Euch zu?


Die Rahmenbedingungen sind sehr fordernd. Kriege und Teuerung sorgen für Unsicherheit, während die weltweite Klima- und Biodiversitätskrise akuter denn je ist. Wir haben trotzdem einige Fortschritte geschafft, die uns stolz machen. Ein Beispiel dafür ist der Beschluss des wichtigen EU-Renaturierungsgesetzes, für das wir uns über drei Jahre eingesetzt haben. Ein weiteres Beispiel ist das Retten der Seeadler-Population in Österreich: vor 25 Jahren noch ausgestorben, gibt es derzeit wieder rund 70 Brutpaare. Besonders stolz sind wir auch auf die positive Entwicklung des WWF-Auenreservats Marchegg, das heute mehr als 500 gefährdeten Tier- und Pflanzenarten eine Heimat bietet.


Wie wichtig sind für Dich Kooperationen und Netzwerke?


Extrem wichtig, ein ganz entscheidender Faktor. Der WWF ist eine starke Organisation, eine weltweit bekannte Marke, genießt hohe Bekanntheit und Beliebtheit. Gleichzeitig ist uns klar, dass wir die WWF-Ziele in Österreich nur gemeinsam mit unseren Unterstützerinnen und Unterstützern aus allen Bereichen der Gesellschaft erreichen können. Ohne sie wäre unsere Arbeit nicht möglich. Jeder einzelne Beitrag - egal wie groß oder klein - trägt dazu bei, dass wir uns auch in den kommenden Jahren für eine intakte Natur einsetzen können.


Vor welchen Herausforderungen steht der Non-Profit- und Fundraising-Sektor in Österreich aktuell? Was kann Österreich in Sachen Non-Profit-Management und Fundraisingmanagement von Deutschland lernen, und umgekehrt?

 

Alle gemeinnützigen Organisationen, die sich über Spenden finanzieren, stehen derzeit vor ähnlichen Herausforderungen – ich vermute, es ist in Deutschland ähnlich. Durch die allgemeine Teuerung sind viele Kosten stärker gestiegen als die Einnahmen. Daher müssen wir uns neben der tagtäglichen Arbeit gut überlegen, wie wir uns mittel- und langfristig aufstellen: einerseits, um unseren Umweltschutz-Aufgaben gerecht zu werden, andererseits, um als Arbeitgeber für viele engagierte Menschen auch Stabilität garantieren zu können. Gerade im Naturschutz sind Erfolge niemals Selbstläufer, sondern erfordern eine gute Planung, viel Arbeit und vor allem einen langen Atem.


 

Und zum Schluss: Drei Fragen & Antworten


Welches Buch hast Du bzgl. Ehrenamt oder Engagement gelesen, das Dich nachhaltig beeindruckt hat?

In ihrem Buch “Von Natur aus wild” erzählt Heidi List die gesamte Geschichte des WWF in Österreich, auf Basis von Interviews mit vielen Zeitzeugen und engagierten Naturschützerinnen und Naturschützern.

 

Wenn Du einen Wunsch für den gemeinnützigen Sektor frei hättest, welcher wäre das?

Ich wünsche mir von der künftigen Bundesregierung gute und verlässliche rechtliche Rahmenbedingungen, damit wir unsere Arbeit bestmöglich erledigen können. Genauso wichtig ist eine verbesserte Kultur des Gebens. In dem Sinne, dass jene, die können, auch gerne große Beträge spenden. Die Verantwortung, zum Gemeinwohl beizutragen, soll nicht beim Bezahlen der eigenen Steuern enden. Gerne darf auch Gutes getan und darüber gesprochen werden.


Was möchtest Du unseren Leser*innen mit auf den Weg geben? Was ist Dein Credo?

Unseren Einsatz für den Natur- und Artenschutz sehe ich in einem Zitat von Vaclav Havel besonders gut getroffen: „Hoffnung ist nicht die Überzeugung, dass etwas gut ausgeht, sondern die Gewissheit, dass etwas Sinn hat, egal wie es ausgeht.“

 
Carola von Peinen

Andrea Johanides

Geschäftsführerin

WWF Österreich

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